6. Bromo: Der Tanz auf dem Vulkan
Was Prambanan und Borubudur eint, ist nicht nur das Prädikat Weltkulturerbe: Über ihnen pfaucht und spuckt einer der aktivsten Vulkane des Landes und einer der gefährlichsten der Welt, der Merapi, etwa 35 Kilometer nördlich von Yogya. 2010 zuletzt ausgebrochen, hat er auch davor nicht nur beide Tempelanlagen und umliegende Dörfer immer wieder unter Asche begraben (Barobudur wurde erst 1814 wieder entdeckt und freigelegt) sondern auch viele Menschenleben gekostet. Dennoch haben Vulkane (es gibt über 300 davon, 125 gelten als ausbruchsgefährdet, der seit November 2013 in Sumatra Feuer und Asche speiende Sinabung beherrscht mit seinen anhaltenden Eruptionen immer noch die mediale Berichterstattung) eine besondere Bedeutung für die Bevölkerung Indonesiens, die sich immer um Geister und Ahnenkulte dreht. Aber auch um ertragreiche Böden und reiche Ernten aufgrund der mineralhaltigen Asche, um geothermische Kraftwerke, um Nutzen für die chemische und Baustoff-Industrie. Daher gehört die Umgebung der Vulkane – trotz aller Gefahren – zu den bevorzugten Siedlungsgebieten.
Aber nicht nur Siedler und Vulkanologen finden die Feuerberge krass, das Prickeln packt auch den Touri, solange er sicher sein kann, dass Handlungsbedarf erst dann besteht, wenn die Tiere zu laufen beginnen. So ist etwa auch der Bromo-Tengger-Semeru-Nationalpark je nach Veranlagung wahlweise ein äußerst beliebtes Ausflugsziel oder anspruchsvolles Bergsteigerparadies. Der Semeru ist mit 3676 Metern Höhe Javas größter Berg und der ideale Ausguck für romantische Sonnenaufgänge und auf die eigentliche Attraktion des Parks: der eingestürzte Tengger-Krater, mit einer Ausdehnung von 8,5 x 10 Kilometern weltweit eine der größten Calderen. In Zentrum des Einbruchskessels entstanden sieben junge Vulkane, von denen der 2329 Meter hohe und zuletzt 2011 ausgebrochene Bromo der bekannteste ist.
Vom Berg- und einstigen holländischen Sanatoriumsort Tosari aus werden Interessierte durch das Naturschauspiel der frühen Morgenstunden zunächst mit Jeeps oder Mopeds über das Aschenmeer des Tengger-Kraters gebracht, ehe man auf Pferde umsattelt, die einen über ein riesiges Feld erkalteter Lavaströme und an einem schmucklosen Hindu-Kloster vorbei zum Bromo tragen.
Zu dessen Kraterrand führt ein steiler, 250 Stufen umfassender Pfad, an dessen Ende man nicht nur selbst, sondern vor allem die mächtige Schwefelwolke dampft. – Muss man auch einmal gesehen haben! Ein überwältigender Blick über die Caldera …
… und in den imposanten Schlund des Kraters belohnen zudem die Mühen des Aufstiegs.
7. Ijen: Die „Katzen“ und der Kaffee
Mit einer Breite von bis zu 200 Kilometern und einer Länge von gut 1000 Kilometern ist Java die kleinste, aber bedeutendste und am dichtesten besiedelte der Großen Sundainseln. Einen Kontrast zu den Kulturlandschaften bilden einerseits die Vulkanmassive, aber auch das Ijen-Plateau auf Ostjava, wo sich Regenwälder als samtige Mäntel um die Vulkankegel legen.
Diese Hochebene ist einmal mehr: eine urzeitliche Riesencaldera, in der sich die größten Kaffeeplantagen von Indonesien erstrecken. Der Java-Kaffee ist besser bekannt unter der Bezeichnung Arabica. Obwohl die Bohne – um der Geografiegeschichte Genüge zu tun und noch mehr zur Konfusion um den Herkunftsnamen beizutragen – eigentlich aus Äthiopien stammt.
Die Arabica-Bohne jedenfalls gilt als die hochwertigste Kaffeebohne, die sich im Gegensatz zur Robusta durch edleren Geschmack und deutlich niedrigeren Koffeingehalt auszeichnet. Am tropischen Plateau findet diese Kaffeepflanze dank vulkanischen Bodens nun ihr wahrhaft optimales Umfeld fürs üppige Gedeihen.
Aber jede Üppigkeit stößt dann an Grenzen, wenn die Nachfrage auch das beste Angebot übertrifft. So geschehen, als die Holländer (sie haben die Arabica-Bohne, die darum so heißt, weil erst im Jemen das Rösten und Zermahlen der äthiopischen Bohnen entdeckt wurde, und das Trinken arabischen Kaffees schließlich in Ägypten und im Osmanischen Reich zur Gewohnheit wurde, nach Indonesien gebracht und als Java-Kaffee vermarktet), ganz und gar in ihrer Rolle als Ungustl-Kolonialisten aufgegangen, der einheimischen Bevölkerung keinen Kaffee mehr übrig ließen, weil alles für den Eigenbedarf und Export bestimmt war.
Zum Glück gibt es den Fleckenmusang (indonesisch: „Musang Luwak“), eine nachtaktive Schleichkatze, die wenig lieber als die roten Kaffeekirschen frisst, tja: und letztlich auch wieder scheißt. Die Bohnen nämlich, das Fruchtfleisch kann das liebe Tier ganz gut verdauen. Und da so ein Musang immer wieder an der gleichen Stelle auf sein „Katzenklo“ zu gehen pflegt, begannen die kundigen einheimischen Plantagenarbeiter das Exkret einzusammeln, zu waschen, zu rösten, zu reiben und zu brühen.
Sie nennen ihn „Seiße-Kaffee“; nur weil sie (und die Holländer) das „SCH“ nicht aussprechen können, aber ja: der Geschmack ist echt coole Scheiße! Ich darf John Cleese zitieren, wenn hier das Aroma mit „erdig, modrig, mild, sirupgleich, gehaltvoll und mit Untertönen von Dschungel und Schokolade“ beschrieben wird. Echt ehrlich: Der beste Kaffee der Welt, der Nassfermentation durch Enzyme im Darm unseres Musans sei inniger Dank! Und der teuerste :-) Denn die gerösteten Bohnen des Kopi Luwak („Kopi“ ist das indonesische Wort für Kaffee) werden in unseren Breitengraden ab 220 Euro pro Kilogramm angeboten. – In Kombination mit einer Kretek, Indonesiens legendäre Zigarette, die neben Tabak geschrotete Gewürznelken enthält und damit Asthma und Erkältungen lindern soll, ist der Katzenkaffee damit ein Grund, gläubig zu werden.
8. Flores: Indonesiens Insel für Insider
Durch Indonesien zu reisen ist aufgrund der unterschiedlichen und prachtvollen Naturlandschaften eine spannende Idee, da Pferde aber nicht jedermanns Sache sind, Züge nicht überall hin und (arg rostige) Boote nur schiffend am Wasser verkehren – oder Schiller widerlegend („In den Ocean schifft mit tausend Masten der Jüngling; Still auf gerettetem Boot treibt in den Hafen der Greis.“) so – …… bleiben im allgemeinen dem Wagemutigen Mopeds und dem Abenteurer Autos (was in Anbetracht des Verkehrs und der Straßen-Zustände insbesondere während der Regenzeit nicht immer nur lustig sein kann), will man nicht wandern.
Das Flugzeug ist in Indonesien eine sehr einfache und hilfreiche Alternative: „Garuda“ nennt sich die nationale Fluglinie Indonesiens nach dem adlerartigen Reittier des Vishnu, und sie ist nicht nur zuverlässig und preisgünstig, sie taugt als beinahe zwingend unerlässliches Vehikel auch zum Inselhopping.
Sicher gelandet, befinden wir uns im malerischen Städtchen Labuan Bajo, im westlichen Teil von Flores, eine Insel, die touristisch erst neuerdings in Aufbruchsstimmung versetzt wurde. Nicht ohne Grund: Zum einen ist der portugiesische nomen tatsächlich omen: das üppige Grün und die bunten Blumen tun fast schon weh, in der wenig besiedelten Umgebung finden sich für Abenteurer Vulkane (nonanet), die Batu Cermin Höhle (eine sog. Spiegelhöhle) samt Fledermäusen; oder der Regenwald um Ruteng samt passend wilder Flora und Fauna. Kulturreisenden bietet sich die Karstgrotte Liang Bua an, wo 2003 die ersten Fossilien des Zwergenmenschen „Homo floresiensis“ entdeckt wurden, gerade einmal ein Meter große Vorfahren der Hobbits; oder Bena, der unter Denkmalschutz gestellte Ort im traditionellen Adat-Stil. – Aber dahin muss man da schon eine ganze Weile fahren.
Zum anderen taugt das friedliche Labuan Bajo mit seinem Naturhafen als zivilisatorische Ausgangsbasis für paradiesische Sandstrände und Korallenbänke, die Schwimmer, Schnorchler und echte Schnarchnasen vom Ort aus in Booten erreichen können. Etwa 20 Minuten dauert die Bootsfahrt vom Hafen aus zum Beispiel zum Waecicu Beach Nature Park. Dort erwarten den Besucher ein langer Sandstrand, an dem Kokospalmen Spalier stehen, farbenprächtige Korallengärten und romantische Strandhütten. Tipp: Besser jetzt hinfahren, als in zehn Jahren!
9. Komodo: Dracheninseln im Nationalpark
Labujan Bajo ist auch der Ausgangspunkt für Bootsfahrten in den Komodo Nationalpark. Zwischen Ostsumbawa und Westflores erstreckt sich ein filigranes Mosaik Dutzender kleiner und karger Inseln vulkanischen Ursprungs. Die größten Inseln dieses Archipels, Komodo, Rinca und Padar wurden 1980 zum Nationalpark und 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Sie bilden das, wegen tückischer Meeresströmungen lange Zeit weitgehend isoliert gewesene, Refugium der legendären Komodo-Warane. 3000 dieser Riesenviecher leben hier, und mit drei Metern Länge, einem Gewicht von 150 Kilogramm und einem Lebensalter von 100 Jahren stellt dieser beeindruckende Räuber die größte Landechse der Welt dar.Man bleibt dem Drachen besser fern, denn der mehr als körperlange Schwanz ist eine gefährliche Waffe und der Biss des Warans ist aufgrund der hochinfektiösen Bakterien im Speichel des Tieres schlicht: tödlich.
Der alte Sultan von Sumbawa wusste also, wohin er Sträflinge schickte, die Nachfahren leben heute im Fischerdörfchen Loh Liang mit und von den Waranen. Oder den Flughunden auf der Mangroveninsel vis a vis. Oder den Mutigen, die sich am roten Strand ins warme, türkise Wasser wagen.
10. Ubud: Das Künstlerdorf
Natürlich Bali. War bisher schon ein guter Grund, nach Indonesien zu kommen, und Bali wird es auch weiterhin sein. Ein Urlauberparadies, mit Wellness-Ressorts, Shopping-Zentren, Luxus-Hotels; mit Fast-Food-Ketten, italienischen Restaurants und deutschen Würstchen; mit Hard-Rock-Café, Disco-Clubs und Inselfolklore-Schuppen; mit lustigem Strandleben, mondänen Catwalks auf der Bali Fashion Week und schwuler Partymeile.Bali, wo der Urlauber mit 60 Euro Rupien-Millionär ist, ein Liter Bier einen und ein Päckchen Zigaretten kaum einen Euro kostet (das durchschnittliche Monatseinkommen eines Indonesiers beläuft sich übrigens auf durchschnittlich 100 Euro, und damit ist nicht wirklich über die Runden zu kommen). – Bali, das Mallorca der Australier, zumeist reduziert auf Denpasar oder Kuta, unter Weltenbummlern einst Geheimtipps wie Flores in diesen Tagen, heute Goldminen des Massentourismus. Ein Ballermann der „Bruces“, das Quintuple S der modernen Urlaubs-Glückseligkeit: Surfen, Saufen, Schwimmen, Sonnenbaden und Sex. – Wem’s Spaß macht!
Doch Bali kann immer noch ganz anders, zumal hier der weltweit einzigartige Hindu-Dharma Glaube erhalten geblieben ist, dem fast 94 Prozent der Bevölkerung anhängen und der das tägliche Leben abseits der Tourismuszentren in zahlreichen Ritualen und Festen bestimmt. Religion ist auf Bali die Quelle der Existenz, Grundlage des Zusammenhalts von Familie und Dorfgemeinschaft und ethische Leitlinie alles Handelns. Davon zeichnet sich auch das Bild der Balinesen als harmonische, gelassene, stets freundliche Menschen ab. Es geht ihnen um kosmische Ordnung, in der Gut und Böse einen verankerten Platz haben, und um Balance. Um diese zu erringen, gibt es auf der Insel Zehntausende Tempel (jedes Gehöft verfügt über eigene, jedes Dorf über meist drei), eine praktisch nie abreißende Kette von Familien-, Sippen-, Dorf- und Tempelfesten und damit einher gehend: Tänze und Tanzdramen.
Es ist daher kaum ein Zufall, wenn sich ab den 1930er Jahre viele europäische Künstler auf nach Bali machten und sich von den künstlerischen Ausdrucksformen der Balinesen inspirieren ließen: die Maler Walter Spies, Rudolf Bonnet, W.O.J. Nieuwenkamp, Arie Smit, Adrien-Jean Le Mayeur, Antonio Blanco und Wolfgang Wildmoser etwa; die auch den Grundstein dafür legten, dass Ubud bis heute die Bedeutung eines Shangri-La erwachsen sollte. Die Fürstenstadt an der kilometerlangen Hauptstraße gleicht heute immer noch einem ausgedehnten Museumsshop, ist als Schnittpunkt zwischen westlicher Leidenschaft für Kunsthandwerk und östlicher Gelassenheit aber immer noch der unbestritten kulturelle Mittelpunkt der Insel.
Es gibt um den Tempel Pura Taman Kemudee Saraswati nichts, was es in einer farbenfrohen Kulturmetropole nicht gibt: Steinmetze, Gold- und Silberschmiede, Holzschnitzer, Batikwerkstätten; Galerien, Literaturpark, Museen (Neka, Agung Rai, Blanco Renaissance, Puri Lukisan, Gedung Arca, etc.), Kunstschulen, Open-Air Bühnen, Kunstgewerbe- und Souvenierläden, Blues-Bar und Jazz Café. Und wen der Hunger plagt: Auch Balis berühmte Reisfeldterrassen sind nicht weit. – Wenn das keine guten Gründe sind?
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