Mittwoch, 27. August 2014

Im Jagdhaus mit Mozart

Ein Unterrichtstag mit Peter Götzel






Der Unterricht von Peter Götzel finden im sogenannten "Jagdhaus" statt, das sich eine Serpentine vom Nationalparkzentrum entfernt befindet. Manche munkeln, Tito hätte hier seine Sommer verbracht. Tatsächlich waren es aber bloß einige ranghöhere Generäle deren Namen uns Ösis nichts sagen, da klingt "Tito war hier" einfach besser. 
Unbeeindruckt von den geschichtlichen Verwirrungen hält Peter Götzel hier seine Stunden. Es ist der erste Tag des Musikforums, an dem ich zum Kiebizen gekommen bin. Schnell merkt man: Die Leidenschaft des Geigers gehört eindeutig Mozart. Mit jedem der Schüler, bis auf Petra aus Slowenien die eine Caprice von Camille Saint-Saëns vorträgt, arbeitet er an einem Stück des Salzburger Meisterkomponisten. 
Petra mit Peter Götzel, das sagenumwobene Jagdhaus, Constantin bei seiner Interpretation des A-Dur-Konzerts
Die Fokussierung auf Mozart hat jedoch nicht bloß etwas mit persönlichen Vorlieben zu tun, sondern ist für jeden der jungen GeigerInnen absolut kritisch. Ist doch ein Mozart-Konzert verpflichtend bei jedem Probespiel in unseren Breitengraden. Wieso das so ist? "Mozart verzeiht nichts.", meint Peter Götzel dazu. Soll heißen: Spielt jemand etwas vom Wolferl, merkt man sofort ob er seine technischen, musikalischen und stilistischen Hausaufgaben gemacht hat. Besonders letztere sind für die Wiener Philharmoniker wichtig: Schon beim ersten Takt Mozart merke man meistens ob der Aspirant sich gut in die besondere Stilistik des Orchesters einfügen könne, oder ob er woanders besser aufgehoben wäre, so der Dozent weiter. 

Cornelia, Piotr mit Peter Götzel, und Lucija
Entscheidend sei es, ein klares Bild vor Augen zu haben, um eine ordentliche Mozart-Interpretation abliefern zu können. Nicht ein musiktheoretisches oder dasselbe wie der Komponist, sondern ein ganz persönliches. Immer wieder fragt er nach den Assoziationen der jungen GeigerInnen zu den einzelnen Stücken. Constantin etwa, sieht im ersten Satz des Mozart A-Dur Konzerts eine kleine Liebesgeschichte: "Das ist eine Aufforderung zum Tanz: Zuerst fragt der junge Herr ganz schüchtern, und die Dame lehnt leise ab. Dann fragt er nochmals, fordernder, und das Mädchen lehnt bestimmter ab. Doch am Schluss tanzen sie." - vor Götzels innerem Auge spielt sich hingegen ein Sonnenaufgang ab. Etwas fehlt ihm dann aber doch noch bei der Interpretation des jungen Rumänen: "Da muss ein Spritzer Chanel drauf!" Das würden Originalklang-Verfechter sicher nicht unterschreiben - kann Mozart diesen in den 1920er Jahren kreierten Duft doch unmöglich in der Nase gehabt haben - doch dem Schüler ist sofort alles klar. Auch beim nächsten Nachwuchsgeiger läuft das Kopfkino: Den 23jährige Piotr, der unter anderem an der renommierten Julliard School studiert, erinnert der Beginn der B-Dur Sonate KV454 an den Einzug eines Königs. 
Überhaupt ist dem pensionierten Wiener Philharmoniker der individuelle Zugang ganz wichtig. Es habe keinen Sinn jemandem die fremde Sichtweise aufzuzwingen, jeder müsse seinem eigenen Charakter entsprechend spielen. "Machen Sie einen Spaziergang, hören Sie in sich hinein und überlegen Sie sich das.", sagt er etwa zu Petra, die sich ob einen bestimmten Impulses den ihr Götzel ans Herz legt, nicht ganz sicher ist. Es gibt wahrlich schlimmere Hausaufgaben in dieser wunderbaren Umgebung.

Aus Trenta: Magdalena Hiller

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