Freitag, 24. Januar 2014

10 Gründe für einen Trip nach Indonesien. Teil I, 1 - 5


Mit „sanften Tourismus-Geheimnissen“ präsentierte sich Indonesien Mitte Jänner bei der heurigen Ferienmesse in Wien als neuer Hot Spot für kulturinteressierte Abenteurer. Und in der Tat: Kaffee, Tempeln und Warane bieten eine höchst abwechslungsreiche und individualistische Alternative zum Mainstream auf Bali oder in Thailand.

Unser Kommunikations-Chef Wolfgang Lamprecht berichtet in zwei Teilen über 10 Places to be, nicht zuletzt der Warane wegen musste Xaver diesmal aber daheim bleiben.


1. Sunda Kelapa, Jakarta: Blowing with the Wind.

Über 17.500 Inseln und Inselchen erstrecken sich in einem mehr als 5000 Kilometer langen Bogen beiderseits des Äquators von der Malaiischen Halbinsel bis nach Neuguinea. Vom tropischen Regenwald über rauchende Vulkankegel mit bizarren Lavafeldern, Steilküsten und palmengesäumten Sandstränden, die unseren Traumvorstellungen von den Tropen entsprechen, bis hin zur angehenden Megacity Jadodetabek (Jakarta samt Einzugsgebiet) mit knapp 28 Millionen Einwohnern: all das ist Indonesien. Fällt dieser Name, denkt man hierzulande meist an Bali, die Vielfalt des weltgrößten Inselstaates offenbart sich aber erst, wenn der oder die Reisende in Jakarta beginnt.


Es ist ein Beginn, der Geduld und Sauerstoff abverlangt. Denn Millionen Hauptstadt-Menschen bedeuten in ihrem Drang zur (mangels öffentlichen Verkehrsnetz notgedrungen individuellen) Mobilität im Betondschungel zunächst einmal: unpackbaren Stau, bei dem sich hupende Auto- und LKW-Fahrer mit Tausenden von knatternden Mopedfahren ums Meter-Machen und um entsprechend schlechte Luft matchen.

Stau auf der 25 Kilometer langen Zubringerautobahn vom Flughafen, Stau durch Gebiete, wo sich die Metropole nicht entscheiden kann, ob sie noch Dorf oder schon Stadt ist, Stau durch verdreckte Slums, Stau durch abwechselnd schäbige und moderne Industrieviertel, Stau ins von Wolkenkratzern, Glaspalästen, Hotelkomplexen Shopping-Malls durchwachsene vornehme Handels- und Finanzzentrum des Landes, dessen über 245 Millionen Einwohner (Indonesien ist die viertbevölkerrungsreichste Nation der Welt) aus fast 360 Ethnien hier politisch verwaltet werden.


Okay, Jakarta ist also keine wirklich attraktive Stadt, die wenigen historischen Sehenswürdigkeiten aus britischer und holländischer Kolonialzeit, die Istiqlai-Moschee (lange Zeit der Welt größte Moschee, die 20.000 Gläubige fasst), liegen nicht auf dem Präsentierteller, einmal gelandet, lohnen sich nächtliche Ausflüge in eine höchst vitale Clubszene aber ebenso, wie tagsüber etwa ins friedlich Kota oder in den Frachtenseglerhafen Sunda Kelapa.

Größter Inselstaat der Welt bedeutet nämlich auch: Viel Wasser. Zwischen 3000 und 4000 Praus durchpflügen die indonesischen Gewässer, vorwärtsbewegt meist durch den Wind. In abgelegenen Gebieten sind die Schiffe das einzige Transportmittel des Achipels. Sie verkehren nicht nach Fahr­plänen, sondern in Abhängigkeit von Passagier und Frachtaufkommen.



Sunda Kalepa ist gleichsam der malerische Hub dieser 15 bis 25 Meter langen, bis zu 150 Tonnen schweren und traditionell in Handarbeit gebauten Schiffe, die von der modernen Transportlogistik und –techno-logie nicht verdrängt werden konnten. Niedrige Betriebskosten und die Monsune lassen die zumeist buginesischen Seefahrer gelassen in die Zukunft blicken. Zwischen 70 und 80 dickbauchige Schiffe liegen an dem zwei Kilometer langen Kai vertäut. Arbeiter balancieren über meterlange Holzbretter, Ladekräne und andere mechanisch Hilfsmittel sind im Hafen unbekannt. Seit Jahrhunderten scheint hier viel heiße Sonne (es empfiehlt sich mangels Schutz davor ein Schirm dagegen), sich aber kaum etwas geändert zu haben.




2. Batavia, Jakarta: Hemingway lässt grüssen.

An Sunda Kelapa schließt Kota an, die Altstadt Batavia. Stilvoll können sich olfaktorisch Mutige in einem Sampan, das ist ein Ruderboot, vom alten Hafen zum Fischmarkt übersetzen lassen und Kapitän Bligh gedenken, der, einst von der „Bounty“ geworfen, hier ähnlich angetrieben gelandet sein muss. Nicht von ungefähr befindet sich hier stimmig auch das Seefahrtsmuseum Bahari, ein ehemaliger Speicher für Kaffee, Tee und Gewürze, man stößt aber unvermeidlich auch auf den Kali Besar, den großen Kanal, dessen hoffnungsfroher Name die heutige Brühe vergeblich an bessere Zeiten gemahnt. Er bildet nichts desto trotz die Hauptverkehrsader über die Hühner­markt­brücke (man muss solche Namen einfach mögen!), Jakartas letzte wie possierliche eiserne Zugbrücke aus kolonialer Zeit, ins alte Batavia. Dort finden sie sich dann, die von einem Wassergraben und einer Stadtmauer geschützten Gebäude und Plätze der Kolonialzeit, die es uns leicht machen, sich auf Anhieb irgendwie heimisch zu fühlen.


Mal marode, mal zusammengeflickt, mal stilvoll restauriert, alles im allem: charmant. Was immer man nun hier tut, flanieren, das „Stadthuis“ besichtigen, das Haus der bildenden Kunst, das reich bestückte Keramikmuseum, das weltweit einzigartige Schattenspielmuseum, ein Muss ist jedenfalls der Besuch im Café Batavia, laut „Newsweek“ die beste Bar der Welt. In einem 200 Jahre alten Gebäude (das zweitälteste in der Stadt) am Fatahillah Square angesiedelt, besticht das Café durch koloniales Flair, gutes Essen, gute Drinks und guten Jazz. Ein nobles Refugium von Hitze und Lärm, aber auch ein guter Rastplatz für all jene, die einen Abstecher ins an das Kota-Viertel anschließende Chinatown unternehmen wollen; oder von dort kommen.




3. Yogyakarta: Sultans of Swing.

Etwa eine Flugstunde östlich von Jakarta befindet sich die Provinz-hauptstadt Yogyakarta, kurz Yogya (gesprochen: Dschogdscha). Die Sultanstadt gilt als Relikt der monarchischen Vergangenheit und Gegenwart von Java heute immer noch als das geistige und kulturelle Zentrum der Insel. Yogyakarta war sowohl Zentrum der antikolonialistischen Bewegung während des 18. und 19. Jahrhunderts, als auch nach dem zweiten Weltkrieg jenes der Unabhängigkeitsbewegung. Nicht zuletzt darum blieb das Sultanat als Sondergebiet mit einer Art inneren Autonomie erhalten, wird dem regierenden Sultan (er ist Gouverneur der Provinz) und seinen Ahnen als Trägern der hindu-javanesischen Tradition fast göttliche, und wenn nicht das, dann zumindest ziemlich viel museale Verehrung (etwa das Ullen Sentalu Museum im Kaliurang Ressort) entgegen gebracht.



Nun: Ist allein Yogya mit seinen märchenhaft königlichen Palästen, royalen Lustgärten, manieristischen Wasserkastellen und prunkvollen Pavillions im Kraton, dem anschließenden Künstlerviertel Taman Sari (Stichwort Batik-Ateliers, Schattenspiel-Puppen-Ateliers, etc.), dem Einkaufsviertel Jalan Malioboro (viel indonesisches Kunsthandwerk zu vernünftigen Preisen, insbesondere wenn man handelt; und das gehört dazu) sehens- und dank javanischer Haute Cuisine u.a. mit seiner Vielfalt an Suppen- und Reisgerichten, einer Fülle an religiösen Festen und Zeremonien, und reger Kulturszene feat. mehrere Gamelan Orchester, Tanz- und Schattentheater, sowie dem Yogya Arts Festival, und dank einem im wahrsten Sinne des Wortes milderen Klima tunlichst erlebenswert, so gilt das für das Umland der Sultanstadt noch viel mehr.



  
Es ist, wie gleich zu beweisen sein wird, also durchaus berechtigt, wenn die „New York Times“ Yogyakarta auf Platz 20 der 52 „Places to go 2014“ listet, und damit 26 Plätze vor Wien.


4. Prambanan: Hare Hare

Der Glaube an eine der Menschheit mehr oder weniger wohl gesonnene schöpferische Macht ist in Indonesien überall präsent. Das Angebot an Tempeln, Moscheen oder Kirchen ist für Seelenheil-Aficionados oder an Kulturgeschichte Interessierte schier überwältigend; und jeder hat damit auch, je nach dem, welche Erscheinung er bevorzugt oder gerade spannend findet, seine entsprechende Homebase.


Der überwiegende Tel der Bevölkerung ist moslemisch. Das an Superlativen ohne nicht arme Indonesien kann sich damit rühmen, der größte islamische Staat der Welt zu sein, allerdings stimmt das so nicht ganz: denn die Verfassung garantiert die Freiheit aller Religionen, und somit leben auch Christen, Hindus, Buddhisten, Taoisten und Konfuzianer ausgesprochen friedlich mit- und nebeneinander. Das war freilich nicht immer so und Irre gibt es auch in jüngster Zeit (wir erinnern uns ungern an die Bombenanschläge in Bali in den Jahren 2002 und 2005), aber im Alltag kennzeichnet im allgemeinen Kooperation und Toleranz das Zusammenleben.


Werden etwa die Parkplätze vor der Istiqal-Moschee knapp (was regelmäßig geschieht), öffnet die gegenüberliegende Katholische Kathedrale von Jakarta die ihren für die Gläubigen und umgekehrt. Eine der Voraussetzungen dafür ist, dass der Religionsunterricht an den Schulen alle vier Hauptreligionen gleichwertig behandelt, und so jeder um die religiösen Bedürfnisse des anderen weiß. So führt uns auch ein Moslem einfühlsam und respektvoll durch den hinduistischen Tempelkomplex Prambanan, der sich 16 Kilometer nordöstlich von Yogyakarta ausbreitet und erzählt kundig von den Hindu-Göttern, ihren Reittieren, ihren Kindern; Geschichten zu den mächtigen Statuen, Schreinen und Symbolen; und von „Ramayana“ dem in Reliefs, Festen und Theateraufführungen fast allgegenwärtigen Heldenepos, das den ewig währenden Kampf zwischen Gut und Böse am Beispiel des mystischen Helden Rama thematisiert.


In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts errichtet, gilt die 232 Bauten umfassende Anlage zweifellos als einer der Höhepunkte hindu-javanischer Tempelarchitektur. Für Shiva, Vishnu und Brahma wurde hier schlicht unbeschreiblich Imposantes in die Wiese gestemmt, das etwa Angkor Wat, kaum nachsteht.


5. Borobudur: Ein Glaube versetzt Berge.

Die Wirtschaftstheorien über den befruchtenden Mitbewerb, von der, den Markt belebenden, Konkurrenz, sie machten und machen auch vor Religionen nicht Halt. Prambanan mag als ein Beispiel dafür stehen, denn immerhin wurde – Friede, Freude, Eierkuchen hin oder her – die Tempelanlage als hinduistische Antwort auf eine buddhistische Pyramide gebaut, die um 780, also mehrere Jahrhunderte vor den großen Kathedralen Westeuropas und gut 300 Jahre vor Kambodschas Angkor Wat-Tempel befohlen wurde und alle bis dahin errichteten Tempelan-lagen in den Schatten stellen sollte. 42 Kilometer nordwestlich vom heutigen Yogyakarta wurden über zwei Millionen Steinquarder um den Gipfel eines Bergleins in der Kedu-Ebene kunstvoll himmelwärts getürmt, nach fast 80 Jahren Bauzeit war Borobudur, das Tempelkloster auf dem Berg, als – wir ahnen es bereits – bis heute größtes buddhistisches Baudenkmal der Welt vollendet.


Unter Kunsthistorikern gilt Borobudur als achtes Weltwunder, und das wird sehr leicht verständlich, wenn man die Reliefgalerien, Artefakte, Stupas und Buddhastatuen, die jede einzelne der Abbild des Universums geplanten sechs immer kleiner werdenden Terrassen des Heiligtums überschwänglich säumen, abschreitet. Klar wird: Borobudur ist mit Sicherheit eines der schönsten Meisterwerke monumentaler Sakralarchitektur, und es ist immer noch in Betrieb; also eine lebendige Pilgerstätte mit daraus resultierendem Swag.




Fortsetzung folgt.








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