Dienstag, 24. März 2015

Auf zu großem Fuß


Blickt man zurück auf die Themen der ersten fünf Salons, "Europa", "Gastlichkeit", "Verantwortung", "Entschleunigung" und "Wahrheit", so haben sie eines gemeinsam: Es sind allesamt unfassbar weite Begriffe. Was diese ungreifbaren Themen fassbar und diskutierbar macht sind jedesmal die Gäste des Salons. 
Auch auf den letzten Salon, der vergangene Woche im Alten Rathaus in der Wipplingerstraße stattfand, trifft obige Aussage zu. Ein Abend, der unter dem Motto "Grenzen" steht  wo kann der hingehen? Flüchtlingsthematik, Kindererziehung, Extremklettern  wäre alles drin. Oder wie es der Moderator Fred Luks (der übrigens zum zweiten Mal die Gesprächsführung übernahm  zur großen Freude seines wachsenden Fanclubs, dem die Autorin dieser Zeilen angehört) ausdrückte: "Fängt man über Grenzen an zu denken, kennt das Denken keine Grenzen." 

Andrea Roedig
Zum grenzenlosen Denken hatte er diesmal die Journalistin und studierte Philosophin (diese Studienwahl ist auch eine Konstante bei den Salons!) Andrea Roedig, sowie das ökologische Urgestein Wolfgang Pekny an seiner Seite. Der Greenpeace-Veteran und Gründer einer "Unterlassensberatung" war es auch, der den Abend gleich zu Beginn in eine  konkrete Richtung lenkte: Ein selbstgebasteltes, tennisballgroßes Modell der Erde aus Styropor in der einen Hand, weit ausholend mit der anderen, machte er die ökologischen Grenzen unseres Planeten sichtbar. Die Ressourcengrenze unserer Erde liegt ziemlich genau bei 1,8 Hektar pro Person. Derzeit werden jedoch eher 2,7 Hektar pro Kopf verbraucht. Vom ökologischen Fußabdruck hat jeder schon gehört. Und dass der durchschnittliche Mitteleuropäern mit viel zu großen Latschen durch die Welt läuft, auch. Doch was muss passieren, dass diese Wissen auch zu Handlungen führt?  


Wolfgang Pekny
Wohl ziemlich viel, denn der Mensch ist leider so programmiert, dass es ihm egal ist, "was hinterm nächsten Berg im nächsten Tal passiert". Ein neuer kategorischer Imperativ, ein ökologischer Imperativ sozusagen muss her. Die Menschheit müsse endlich verstehen, dass alle im gleichen Boot sitzen, oder wie Wolfgang Pekny es ausdrückt: Dass wir alle im gleichen Raumschiff sitzen. In einem ziemlich kleinen Raumschiff. Denn jedem der in einem kleinen Raumschiff sitzt, ist bewusst, dass "sein Pipi der Kaffee vom Nächsten ist". Und nicht mal der Dümmste Oligarch würde eine Zigarre mit auf diese Raumstation nehmen. Ganz einfach eigentlich. 
Fred Luks
Das Problem daran? Man glaubt es halt einfach nicht, weil der Vergleich nicht erfahrbar und spürbar ist, so Andrea Roeding. Trotzdem gibt es Anlass zur Hoffnung: Denn auch die grundlegenden Maßstäbe, nach denen wir handeln, sind veränderbar. "Shifting Baselines" nennt sich dieses Phänomen.  
Fred Luks zwei Lieblingsbeispiele, dass sich die Welt doch ändern kann? Das "
Ein-Sackerl-für-mein-Gackerl"-Wunder Wiens und der dank Mad Men sichtbar gewordene negative Wertungs-Quantensprung von Zigaretten seit den 60er-Jahren. Denn früher war eben nicht alles besser. Auch in Bezug auf den ökologischen Fußabdruck übrigens. Wolfgang Pekny, der übrigens auch Mitglied im Nachhaltigkeitskreis der Bank Austria ist, fand im Rahmen einer Studie für die Salzburger Landesregierung heraus, dass sogar W.A.Mozart seinerzeit auf viel zu großem Fuß lebte. Seine ausgedehnten Tourneen verbrauchten ganze Fußballfelder an Fläche. Denn Kutschenfahrten sind nicht besonders energieeffizient, so ein Pferd verbraucht eben auch "Sprit" wenn es steht. Unter dem weiteren Aspekt, dass damals die Effizienz der Landwirtschaft viel geringer war, muss man sagen: Unser Wolferl war ein Umweltsünder. 


Doch trotz der nun schon jahrhundertelangen Ausbeutung des blauen Planeten besteht Hoffnung. Schließlich waren es immer die Grenzen der Machbarkeit, die den Menschen zu größter Kreativität anspornten. Und außerhalb dieser Grenzen liegen Möglichkeiten, die wir per definitionem noch garnicht sehen können. Also, auf zum Mars! Aber vorher das Raumschiff noch ein bisschen putzen, bitteschön.


Text und Grafik: Magdalena Hiller
Fotos: Oreste Schaller




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen