Dienstag, 26. Mai 2015

Radikal - Eine Begriffsbestimmung

Vergangenen Donnerstag fand der achte Bank Austria Salon im Alten Rathaus statt. Zum zweiten Mal von Isolde Charim moderiert und erstmals unter der Gastgeberschaft von Bank Austria-Vorstandsmitglied Robert Zadrazil diskutierten die Schauspielerin und ehemalige EU-Abgeordnete der Grünen Mercedes Echerer und der Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur Georg Biron zum Thema "Radikal".



Am Anfang jeder wissenschaftlichen Arbeit steht eine Begriffsbestimmung  genauso wie am Anfang jedes Salons im Alten Rathaus. Dieses Mal fiel diese etwas umfassender aus. Auch weil am kurzen Wort "Radikal" viele Assoziationen und Emotionen hängen. Da fallen einem die "freien Radikale" ein  etwas, das man nicht unbedingt im eigenen Körper haben will. Oder das Ergebnis des mathematischen Wurzelziehens. Da diesmal aber kein Mediziner und keine Mathematikerin unter den Diskutanten war, pendelte man sich bald auf den geschichtlich-politischen Background ein: So wurde "Radikal" ursprünglich vor allem mit den Liberalen verbunden, die im 19. Jahrhundert vehement für Freiheitsrechte und gegen absolutistische und autokratische Herrschaftssysteme einsetzten.
Georg Biron, Isolde Charim, Mercedes Echerer, Robert Zadrazil
Zu einer Art Bedrohung wurde der Begriff erst im Laufe des 20. Jahrhunderts: Radikal Links  Radikal Rechts  Bader-Meinhof-Gruppe  Terrorismus  Extremismus könnte eine heutige Assoziationskette lauten. Doch muss Radikalität immer auch die Gewalt miteinschließen? Nein, meint Mercedes Echerer, denn Gewalt könne niemals Recht haben. Und Radikalität ist von Extremismus scharf zu trennen.

Elisabeth Leopold und Mercedes Echerer
Doch am radikalen Denken und Handeln führt kein Weg vorbei um Lösungen für drängende gesellschaftliche Fragestellungen zu finden. "Positiver Radikalismus", das ist das Nicht-Nachlassen im Einfordern von gesellschaftlichen Änderungen, das Piesacken des Establishments. Und schließlich, vor allem auch im politischen Kontext, das Kämpfen um einen Platz in den Medien, denn mit auf die Waagschale gelegten Wortmeldungen hat es noch niemand in die Zeitung geschafft.
Und so schließt sich der Kreis: Schließlich liegen die etymologischen Ursprünge im lateinischen Wort für Wurzel, radix. Das Anpacken an der Wurzel, dort wo es am meisten weh tut, ist dem Begriff also immanent.
Dass es Radikalität zur Veränderung braucht, zeigten etwa die Grünen, die politische Heimat von Mercedes Echerer, in den 1980er Jahren. Mittlerweile sind sie mit ihren Positionen in der Mitte Gesellschaft angekommen. Und das ist auch gut so. Denn das radikale Denken muss immer am Ziel kleben, sonst wird es zum Selbstzweck und zur Farce.


Text: Magdalena Hiller
Fotos: Oreste Schaller






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