Abseits des schon oft eingespielten klassischen Repertoires widmete man sich albanischen Volkslieder. Die Idee dazu kam von der Mezzosopranistin und Kosovo-Albanerin Flaka Goranci. Den ganz eigenen Klang der althergebrachten Musik von der Balkan-Halbinsel will sie auch europäischen Ohren zugänglich machen. Denn während in Albanien und im Kosovo (die Kosovo-Albaner stellen die mit Abstand größte Volksgruppe), jedes Kind diese Lieder singen kann und diese, oft mit Akkordeon-Begleitung, in vielen Wirtshäuser zu später Stunde zu hören sind, so sind sie bei uns gänzlich unbekannt. Denn "Kosovo" lässt in unseren Ohren eher die Erinnerung an den grässlichen Kosovo-Krieg Ende der 90er Jahre klingeln.
Auf der CD soll deshalb nun eine ganz andere, nämlich die lyrische Seite des heiß umstrittenen Gebiets südlich von Serbien gezeigt werden. 14 Liebeslieder wurden ausgewählt und von dem Komponisten Kushrin Gashi kunstvoll arrangiert. Inhaltlich zwischen zart und dramatisch, Hochzeitspreisung und Liebeskummer verortet. Auch eine botanische Schlagseite ist zu erkennen: Frauen werden immer wieder mit Blumen verglichen. Schneeblumen, Rosen und Lilien ergeben ein schönes Bouquet.
Überraschen können die Lieder vor allem im Klangbild: Ganz anders als die gängige Vorstellung von "Balkanmusik" – auch nur eine dieser ungenauen "Weltmusik"-Termini – muten sie an. Kein wilder Offbeat-Rhythmus, sondern zart zieselierte Strukturen zeichnen die zeitlosen Weisen aus.
Und doch ist der zeitgeschichtlich aktuelle Kosovo-Konflikt indirekt immer ein Thema. Eines der Stücke ist etwa ein Lamento, das Flaka dem berühmten Sänger Esat Bicurri widmet, der 1999 in den Wirren des Krieges tragisch umkam.
Edison Pashko, Flaka Goranci, Adela Frasineu |
Gemeinsam mit ihren Musiker-KollegInnen, dem Cellisten Edison Pashko (Mitglied der Wiener Philharmoniker), dem Pianisten Mennan Bërveniku und der Geigerin Adela Frasineau (die letztes Jahr das Probespiel für das Staatsopernorchester – die "Vorstufe" zu den Wiener Philharmonikern – gewinnen konnte) verbrachte die junge Sängerin insgesamt zwei Tage damit, die Musik ihrer Heimat aufzuzeichnen.
Bis auf Adela (die aus Rumänien stammt) zählen alle Mitglieder des hochkarätigen Quintetts zur Volksgruppe der Kosovo-Albaner, der größten ethnischen Gruppe im Kosovo. Über die eng-verbandelte Community der Exil-Kosovaren ("Ich kenne jeden in Wien!) lernten sich die drei auch kennen.
Produziert und vertrieben wird die CD von der alteingesessenen Wiener Plattenfirma Gramola, deren charismatischer Chef Richard Winter es sich nicht nehmen lässt, die MusikerInnen gegen Ende der Aufnahmen zu besuchen. Finanzielle Mithilfe kommt vom kosovarischen Diaspora-Ministerium und von der Bank Austria, die die Räumlichkeiten des Barocksaal im Alten Rathaus kostenlos zur Verfügung stellt.
Voll des Lobes über die günstigen akkustischen Eigenschaften des Barocksaals sind alle Beteiligten. Bloß der unerwartet rege Verkehr in der Wipplinger-Straße macht die eine oder andere leise Stelle zunichte. Doch auch dieses Problem lässt sich aufgrund des bestens eingespielten dreiköpfigen Aufnahmeteams rund um Aufnahmeleiter Daniel Mayer leicht beheben: Akribisch wird jedes Take nach etwaigen Störungen durchsucht und gegebenenfalls einfach nochmal aufgenommen.
Daniel Mayer, Mennan Bërveniku, Richard Winter |
Erscheinen soll die Schallplatte übrigens noch vor dem Sommer.
Und präsentiert wird sie natürlich im Alten Rathaus!
Text und Fotos: Magdalena Hiller
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