Dienstag, 14. Oktober 2014

"Nur ein paar Bilder"

Ein Blick hinter die Kulissen der Toulouse-Lautrec-Ausstellung

"Die Wäscherin" im Scheinwerferlicht



Nach einem Opernbesuch reden Menschen gerne darüber, was für ein unglaublicher Aufwand es sein muss bis das ganze wie am Schnürchen rennt. Unzählige Musiker, Requisiteure, Maskenbildner, Sänger  ihr großes Können und ihre vollbrachten Leistungen sind meist offensichtlich  werden viel bestaunt. 
Im Gegensatz dazu ist der Besuch einer Ausstellung fast schon eine Selbstverständlichkeit. 
Bilder aufhängen kann jeder, hat jeder schon einmal gemacht - "keine große Hexerei", denkt der Besucher und geht seiner Wege. 
Dass auch hinter diesem "ein paar Bilder aufhängen" großer Aufwand und viel Expertise steckt, konnte ich vergangene Woche beim Aufbau der großen Henri de Toulouse Lautrec - Retrospektive im Kunstforum Wien erleben. An die hundert Gemälde, Zeichnungen und Lithografien des großen französischen Milieumalers werden hier ab kommenden Mittwoch unter dem Motto "Der Weg in die Moderne" zu sehen sein. Von überall her kommen die Leihgaben  Russland, USA, Frankreich und aus Wien selbst (einige Werke stammen aus der grafischen Sammlung der Albertina).
Doch egal wie weit die Reise geht, ob nur einmal um den Ring oder einmal über die halbe Hemisphäre  das Prozedere bleibt das gleiche:


Exklusives Kisten-Tetris im Vorraum des Kunstforums
In großen Holzkisten, die in allen Farben des Regenbogens leuchten, werden die Meisterwerke angeliefert. In jedem dieser Ungetüme befindet sich meist bloß ein einziges Bild. Und jede dieser Kisten reist mit persönlichem "Bodyguard", dem sogenannten Kurier. 
Die Kuriere werden von den Verleihern mitgeschickt um den Transportweg zu überwachen. Bei Ankunft im Museum wird für jedes Bild ein detailliertes Übernahmeprotokoll angefertigt, das von Leihgeber (vertreten durch den Kurier) und Leihnehmer abgesegnet werden muss. Seitens des Kunstforum ist bei dieser Ausstellung Jael Singer für die Abwicklung dieses zentralen Bestandteils des Aufbauprozesses zuständig. Die diplomierte Restauratorin ist bei jeder Kistenöffnung dabei und begutachtet anschließend mit Hilfe einer kleinen Taschenlampe jedes einzelne Bild aufs genaueste. Bei Bedarf, und immer in Absprache mit den Verleihern, führt sie auch kleine Restaurationsarbeiten gleich vor Ort durch. 


Jael Singer und Martina Wiesend, Kurier der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, bei der Begutachtung 
Immer im Zentrum des Geschehens sind dieser Tage auch Christian und Clemens von hs art, einer Speditionsfirma, die sich auf Kunsttransporte spezialisiert hat. Mit großer Ruhe und Sorgfalt öffnen sie jeden Holzkubus, entfernen Schutzschicht um Schutzschicht und kümmern sich anschließend wieder um das Versiegeln der leeren Boxen mit speziellem, durchnummeriertem rotem Klebeband. Denn für jede Box, die per Luftfracht verschickt wird, übernimmt die Transportfirma die volle Verantwortung den Inhalt betreffend. So werden langwierige und vor allem für die Sicherheit der Kunstwerke hochproblematische Öffnungen durch den Zoll auf ein Miniumum reduziert. 


Christian und Clemens von hs art mit dem Marmorwäscher von Toulouse-Lautrec
Das Auspacken und der Transport der Kunstwerke mag zwar sehr zeit- und personalintensiv sein, doch ist es bloß ein kleiner Mosaikstein der fertigen Ausstellung. Zuallererst steht die künstlerische Konzeption von Chefkuratorin und Vize-Direktorin des Kunstforums Evelyn Benesch, die schon Jahre vor der Eröffnung beginnt. Dann müssen Leihverträge geschlossen, ein Katalog produziert,  Pressetexte geschrieben werden  ein ganzer Kosmos an versteckten Vorgängen tut sich hier auf. 
Die Koordination dieses großen Mosaiks aus Administration und Kreativarbeit verantwortet die Registrarin Lisa Ortner-Kreil. Die Kunsthistorikerin ist immer vor Ort, zeichnet sich gemeinsam mit den stets gut gelaunten Haustechnikern für die Hängung der Gemälde verantwortlich, überwacht die Anlieferung, plant die Ankunft der Kuriere (21 sind es dieses Mal!) und kümmert sich auch um sonst alles, das im weiten Feld des "Ausstellungsmanagements" so anfällt.


Ausstellungsmanagerin Lisa Ortner-Kreil 

Doch auch dieses Mal, wenn sich am Mittwoch die Tore des Kunstforums nach der Sommerpause endlich wieder öffnen, wird von dem ganzen Aufwand wenig zu merken sein. Die Boxen gut im Depot verstaut, die Kuriere längst am Heimweg, sind nur noch die Bilder von Toulouse-Lautrec im Haus um Zeugnis des komplexen Enstehungsprozesses zu geben. Doch die haben noch ganz andere Geschichten, aus dem Paris der Jahrhundertwende, zu erzählen...


Die Ausstellung "Henri de Toulouse-Lautrec  Der Weg in die Moderne" 
ist von 16.Oktober  bis 25. Jänner im Kunstforum Wien zu bestaunen.
 Genauere Infos hier


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