Montag, 3. November 2014

Mit der Harley dem Burnout entkommen

Vergangenen Donnerstag lud der Vorstandsvorsitzende der Bank Austria, Willibald Cernko, zum zweiten Mal zum Salongespräch in das Alte Rathaus im ersten Bezirk.
Unter dem Motto "Entschleunigung" befragte Journalist Joachim Riedl den österreichischen Harley-Davidson-Papst Ferdinand O. Fischer sowie den Kabarettisten Werner Brix. Eine krude Mischung? Nur auf der ersten Blick. 


Werner Brix, der tags zuvor seinen bevorstehenden 50. Geburtstag und sein 20-jähriges Bühnenjubiläum mit einem großen Fest im WUK begangen hatte (sogar "Österreich" berichtete!), bestritt mit einem Auszug aus seinem Solo-Programm "Mit Vollgas zum Burnout" die Einleitung des Abends.
Anfang des Jahrtausends zog der Kabarettist gemeinsam mit seinem Freund Butterkopf aus um die Welt zu entschleunigen, so erzählt er. 
Doch kein Networking, kein Lobbying, keine Freunderlwirtschaft half, um seinen Mitmenschen klar zu machen, dass etwas falsch läuft. Denn der Mensch ist gierig und diese Gier ist eine angeborene Verhaltensweise. Dieses "Immer mehr" führt in die Auslaugung und schließlich ins Burn-Out.
Versinnbildlicht wird das "Streben nach zu viel" für Brix durch die Entwicklung der Rasierklinge. Noch nicht lange ist es her, da war die zweischneidige Rasierklinge das Non-Plus-Ultra. Doch dann setzte der Wettbewerb der zwei Großdistributeure am Weltmarkt ein und nun halten wir bereits bei fünf Klingen. Fünf!
Wofür das ganze, fragt sich Brix. Und wie kann man dagegen ankämpfen? Sein Rezept: Man muss den Schritt zurück wieder für cool erklären. Das Rasiermesser des Uropas zum letzen Schrei machen. 


Ferdinand O. Fischer, Werner Brix, Willibald Cernko und Wolfgang Lamprecht 
Genau in diese Kerbe schlägt auch Ferdinand O. Fischer, einer der größten Harley-Davidson Händler Österreichs. Vertreibt er doch die weltweit einzigen Oldtimer, die man neu kaufen kann. Und das mit großem Erfolg.
In seinem Geschäft versammeln sich "die Exemplare der Menschheit, die genug haben von der Hast."
Hochmotorisierte Feuerstühle und Entschleunigung, wie das zusammen geht? Zuallererst darf man nicht dem Irrtum aufsitzen, dass sich irgendwer eine Harley kaufe um schnell zu fahren. Kaum ein Hoggie (Spitzname für die Mitglieder der "Harley Owner Group"), wisse überhaupt wie viel PS sein Gefährt unterm Deckel hat, geschweige denn, wie weit die Tacho-Nadel wirklich nach rechts geht. Denn eine Harley ist keine Maschine, sondern ein Lebensgefühl und mit dem Kauf einer solchen tritt man einer quasi-religiösen Gemeinschaft bei, in der es mehr ums "Cruisen als ums Pressen geht"  auch abseits der Straße. 


Joachim Riedl, Ferdinand O. Fischer, Willibald Cernko und Werner Brix
"Den Weg zum Ziel machen", "mit weniger zufrieden sein", "Urlaub von sich selbst nehmen"   einige Male fallen diese schon oft gehörten Sprüche an diesem Abend. 

Doch wie geht man die Entschleunigung des Lebens nun genau an? 
Werner Brix versucht es auf zweierlei Art. Zum einen in philosophischer Weise  er ist Mitglied des "Vereins zur Verzögerung der Zeit", zum anderen ganz praktisch: Er engagiert sich für den von Otto Tausig gegründeten Entwicklungshilfeklub. Eines der Projekte liegt ihm dabei ganz besonders am Herzen: Die Organisation hilft in Indien Angehörigen der untersten Kaste beim Bau kleiner, zyklonsicherer Häuser. Zu sehen, wie viel ein kaum 20qm großes Häuschen für eine Familie bedeuten kann, das erdet ungemein und reduziert den Strudel der Begehrlichkeiten auf ein gesundes Maß. Denn Entschleunigung, das ist für ihn nicht zuletzt positives Denken, weshalb er auch vehement für einen "Good News Day" eintritt. Doch da in der österreichischen Medienszene diese Idee nicht auf  großen Anklang stößt, geht er die Sache jetzt selbst an. Bald wird es eine Art Dokumentarserie geben, um von kleinen Dingen zu berichten, die die Welt ein bisschen besser machen, langsam und Stück für Stück, denn es gilt "Nur ned hudeln, davon kommen die Kinder!".

Und so hat der Bank Austria Salon zum Thema "Entschleunigung" dem Publikum nicht nur einen interessanten Abend beschert, sondern auch noch den perfekten Spruch geliefert um den lästigen "Zweite Kassa"-Brüllern beim Billa endlich etwas Wirksames entgegensetzen zu können. Bis zum nächsten Mal!

Der nächste Salon zum Thema "Verantwortung"  findet am 27.11.2014 statt.

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